Leserbrief zur Thematik in Peutenhausen

von Edgar Lampl

Die Situation in Peutenhausen wird missverstanden und ausgenutzt. Der Narrativ des durch Geflüchtete eingeschüchterten Dorfes wird von vielen Personen aus dem rechten Spektrum komplett aus dem Kontext gerissen und für propagandistische Zwecke verwendet: das Schüren von Hass gegenüber Asylbewerbenden.

Klar ist die Situation in Peutenhausen nicht optimal und es herrscht, nicht grundlos, eine angespannte Stimmung, jedoch sind die Gründe dafür viel komplizierter als ein paar vereinzelte Straftaten. Die Ereignisse, welche sich im letzten halben Jahr abgespielt haben, waren nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Das größere Problem ist wohl eher, dass man irgendwann – auf gut deutsch gesagt – die Schnauze voll hat. Die ehrenamtlich Engagierten, die auch den Helferkreis dort aktiv führten, haben immer wieder mit Problemen zu kämpfen, die sie alleine nicht bewältigen können. Es fehlt letztendlich die Unterstützung von Staat und Bund, und die kann durch keinen Freiwilligen vor Ort kompensiert werden.

Versetzen Sie sich mal in die Lage der Geflüchteten, sie haben gerade alles verloren, was sie sich ihr Leben lang aufgebaut haben, vielleicht sind sogar Teile Ihrer Familie verschollen oder tot. Sie konnten jedoch in ein anderes Land flüchten, in dem Ihnen sogar Hilfe versprochen wird. Sie kommen in eine Gemeinschaftsunterkunft, welche sich in einem eher semi-guten Zustand befindet, und müssen warten. Was würden Sie tun? Vermutlich versuchten Sie die Sprache zu lernen, damit Sie besser zurechtkommen können. Auch würden Sie versuchen einen Beruf auszuüben, den Sie in Ihrer Heimat gelernt hatten, damit Sie aus der Unterkunft rauskommen und ein eigenes Leben im neuen Land aufbauen können.

Genau dort liegt das eigentliche Problem: die Asylbewerbenden dürfen das nicht, solange sie keine Aufenthaltsgenehmigung haben. Diese Genehmigung bekommt man aber erst nach langen Wartezeiten und komplizierten Verfahren. Dort ist auch der nächste Kritikpunkt, es gibt einfach nicht genügend Hilfe für die Geflüchteten. Allein der Fakt, dass sich Helferkreise bilden müssen, damit überhaupt etwas vorangehen kann, sollte einen schon genug zum Nachdenken anregen. Den Menschen, die sich gerne integrieren würden, bleibt also nichts anderes übrig, als jeden Tag auf ein Wunder zu warten. Es müsste genügend individuelle Beratung und Hilfe für Asylbewerbende in allen Kommunen geben, jedoch sollte dies nicht nur an den Kommunen selbst hängen bleiben.

Was die Peutenhausener also vermutlich beschäftigt, ist nicht, dass es, wie in jeder Menschengruppe, Personen gibt, welche gegen Regeln und Gesetze verstoßen, sondern, dass sie nach jahrelanger Arbeit ohne Dank oder Unterstützung einfach nicht mehr können. Integration kann funktionieren, aber dafür müssen alle zusammenarbeiten. Die Kommunen müssen sich gegenseitig helfen und nicht nur immer alles von sich selbst wegschieben. Der Staat muss sich dringend um effizientere und schnellere Aufenthaltsverfahren sowie Asylbehörden kümmern.  Die Bundesregierung muss für bessere Herangehensweisen und Kommunikation zwischen Ländern und Behörden sorgen.

Die Welt ist nicht immer so schwarz-weiß, wie man vielleicht denkt. In Peutenhausen zu leben bedeutet, genau so wenig rechtsextrem zu sein, wie Asyl zu suchen bedeutet, dass man Straftaten begeht.