Erste „reguläre“ Sitzung des Weicheringer Gemeinderates – erste Erfahrungen

Zwei Zeitungsartikel zur ersten Sitzung nach der Konstituierung des neuen Gemeinderates in Donaukurier und Neuburger Rundschau.

Weicheringer Gemeinderat beschließt eigene Geschäftsordnung – Straßennamen gesucht

https://www.augsburger-allgemeine.de/neuburg/Das-hat-doch-bislang-immer-gepasst-id57531176.html

Dennoch gibt es da noch einiges zu kommentieren, auch wenn die Presse die Themen der Sitzung dankenswerter Weise recht ausführlich behandelt hat:

Die Intention des einzigen grünen Gemeinderates in Weichering war natürlich nicht, einen „erhöhten Aufwand“ für die Gemeindeverwaltung zu erzeugen. Vielmehr diente der grüne Vorstoß einzig und allein der Steigerung der Transparenz der Gemeinderatsarbeit. Die Art und Weise, wie die (übrigens rechtlich vorab abgesicherten) grünen Vorschläge abgeschmettert wurden, lässt einen sehr schalen Nachgeschmack zurück. Aussagen mancher Gemeinderäte von CSU und freie Wählern zu mehr Bürgernähe („Es ist immer jeder angehört worden, so was brauchen wir nicht“; „mir ist es lieber, wenn die Leute vorher zu mir kommen, in der Sitzung brauche ich das nicht“) bzw. zu Protokolloptionen („Dafür brauchen wir zu viel Zeit, das ist eher für die Stadt“; „jeder sollte sich halt die Zeitungsartikel aufheben“) grenzen bereits an Polemik und sollten in einer demokratischen, sachlichen Diskussion nicht vorkommen.

Und so bleibt alles beim Alten: Informationen bekommen die Gemeinderäte nur auf Nachfrage und Akteneinsicht (zumindest nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung) nur nach einem Beschluss im Gemeinderat; die Protokollierung der Diskussionen im Gemeinderat wird der Presse überlassen, Weicheringer Gemeinderäte machen sich nur private (!) Aufzeichnungen, wenn überhaupt; eine Erklärung ihres Abstimmungsverhaltens dürfen die Gemeinderäte weiterhin bloß der Presse erzählen oder für sich selbst aufschreiben, offiziell existiert kein Interesse daran; Unterlagen werden auch weiterhin nicht in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Einzig die Tagesordnung wird jetzt verbindlich zwei Tage früher per Post zugestellt, damit die Gemeinderäte mehr Zeit erhalten, um im Rathaus persönlich nach den Unterlagen nachzufragen. 

Willkommen im 21. Jahrhundert in Weichering. Transparenz geht anders.

Für alle Interessierten, hier die grünen Vorschläge mit Begründungen, so wie sie den Weicheringer Gemeinderäten vorlagen:

Vorschlag 1, Ändere § 3 Abs 5 Satz 3 und 4 in: 

„Gemeinderatsmitglieder haben ein Recht auf Akteneinsicht soweit es sich nicht um personen- oder steuerbezogene Akten handelt; sie sind vom Gemeinderat mit der Einsichtnahme beauftragt.“

Begründung:

Gemäß Bayer. Gemeindeordnung gibt es kein generelles Akteneinsichtsrecht für jedes einzelne Gemeinderatsmitglied. Dies hat nur der Gemeinderat als Kollegialorgan, das dann einzelne Gemeinderatsmitglieder zur Akteneinsicht in die Verwaltungsakten beauftragen kann. Ein sachgerechtes Arbeiten ist jedoch vielfach nur möglich, wenn jedes Gemeinderatsmitglied Akteneinsicht nehmen kann. Per Geschäftsordnung lässt sich nun die Beauftragung zur Einsichtnahme für alle Gemeinderatsmitglieder festlegen.

Abgelehnt

Vorschlag 2, nach §24 Abs 3 sollte folgender Absatz eingefügt werden:

„Die Gemeinderatssitzungen werden jeweils mit einer bis zu einer halbstündigen Bürgerfragestunde als Tagesordnungspunkt Nr. 1 eingeleitet. Wenn die Fragen nicht sofort beantwortet werden können, werden sie in einer Frist von 3 Wochen schriftlich oder mündlich beantwortet.“

Begründung:

Die Bürger*innen sollen näher an den Gemeinderat rankommen. Die Bürgerfragestunde erlaubt in einem festen Rahmen Fragen zu Tagesordnungspunkten anzubringen und den Rat auf seiner Meinungsbildung abzuklopfen. Dies erhöht den Kontakt zwischen Räten und Bürger*innen und bricht die derzeit stark hierarchische Trennung von Rat und Zuhörer*innen etwas auf.

Abgelehnt

Vorschlag 3, nach §25 Abs 3 sollte folgender Passus eingefügt werden:

„Zusätzlich ist die Tagesordnung einschließlich der Sitzungsunterlagen (Beschlussvorlagen und Anlagen) auf der gemeindlichen Internetseite zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung der Sitzungsunterlagen erfolgt nur, soweit in den Unterlagen Tatsachen enthalten sind, die entweder offenkundig oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Rechte Dritter dürfen mit der Veröffentlichung von Anlagen nicht berührt werden.“

Begründung:

Die Bürger*innen der Gemeinde Weichering wollen mitdiskutieren und sich beteiligen. Doch diese Beteiligung braucht eine fundierte Basis an Informationen. Damit die Bürger*innen den gleichen Wissensstand haben wie die Räte, ist die konsequente Veröffentlichung der öffentlichen Sitzungsunterlagen eine Voraussetzung.

Abgelehnt

Vorschlag 4, §25 Abs (4) zu ändern in:

„Die Ladungsfrist beträgt 7 Tage; sie kann in dringenden Fällen auf 5 Tage verkürzt werden. Die Begründung für einen dringenden Fall hat schriftlich mit der Einladung zuzugehen. Die Dringlichkeit ist dann gegeben, wenn eine Entscheidung nicht ohne Nachteil für die Gemeinde aufgeschoben werden kann. Der Sitzungstag und der Tag des Zugangs der Ladung werden bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet.“

Begründung:

Gute Entscheidungen benötigen eine gute Vorbereitung. Diese muss vereinbar sein mit den Lebensentwürfen aller Ratsmitglieder, egal in welcher Phase sie sich in ihrem Leben befinden. Gerade für Familien sind kurze Ladungsfristen eine außerordentliche Belastung. Wochenenden sollten nicht immer wieder zur Vorbereitung der Ratsarbeit genutzt werden müssen. Um das Ehrenamt für uns alle besser vereinbar zu machen, benötigen wir alle  längere Ladungsfristen, um die Sitzungsvorbereitung besser bewältigen zu können.

Teilweise zugestimmt: die Tagesordnung muss zukünftig am Dienstag in der Woche vor der Sitzung zugestellt werden

Vorschlag 5, §29 Abs 3 Satz 5 sollte geändert werden in (siehe Vorschlag zu §24 Abs 3):

„Zuhörenden kann das Wort durch Beschluss des Gemeinderates erteilt werden“

Diesem Vorschlag wurde zugestimmt, da bereits in der Geschäftsordnung von 2015 so enthalten.

Vorschlag 6, Ändere $30 Abs 3 Satz 2 in:

 „Über einzelne Teile eines Antrags wird getrennt abgestimmt, wenn dies eines der Mitglieder des Rates verlangt oder der oder die Vorsitzende eine Teilung vornimmt“ 

Begründung:

Die Teilung eines Antrages ermöglicht es jedem Mitglied des Rates so zu stimmen, wie er das als gewählter Vertreter für richtig hält, ohne sich wegen kleinerer Punkte gegen eine breite Beschlussvorlage ablehnend zu verhalten.

Abgelehnt

Vorschlag 7, §34 Abs (3) zu ergänzen durch:

„Bis zur Genehmigung der Niederschrift können die Gemeinderäte eine schriftliche Begründung für ihre Stimmabgabe nachreichen. Diese wird der Niederschrift beigefügt.“

Begründung:

Die Gemeinderät*innen sind den Bürger*innen rechenschaftspflichtig, sollen aber auch die Möglichkeit bekommen, ihr Abstimmungsverhalten erklären zu können. Aus dem ein oder anderen Sachverhalt ergibt sich nicht automatisch, wieso Gemeinderät*innen dafür oder dagegen gestimmt haben. Es kann also sinnvoll sein, die persönliche Position schriftlich erläutern zu können. Es muss nicht um die Niederschrift und deren Inhalt gestritten werden, sondern es kann ein zusätzliches Statement, das als solches gekennzeichnet ist, hinzugefügt werden.

Abgelehnt