In der aktuellen Diskussion über die Rolle von Paul Winter als Wehrmachtsgeneral dürfen wir nicht vergessen, dass er Teil einer Organisation war, die für völkerrechtswidrige Kriegsführung und Besatzungspolitik verantwortlich war. Seine Weigerung, Verantwortung zu übernehmen, und sein angeblicher Gedächtnisverlust bis zu seinem Lebensende belasten sein Andenken schwer.
Die Maria-Ward-Realschule hat vorbildhaft und schnell gehandelt, indem sie das Paul-Winter Zimmer umbenannte. Vor Kurzem stimmte der Kreisausschuss fast einstimmig für die Umbenennung der Paul-Winter-Schule. Einzig Oberbürgermeister Bernhard Gmehling setzte sich dafür ein, NS-Wehrmachtsgeneral Paul Winter als Namensgeber und demnach Vorbild für Schülerinnen und Schüler beizubehalten.
In der Stadtratssitzung vom 15. Mai 2024 beschlossen wir auf Vorschlag von Prof. Dr. Sabine Ullmann, uns vom Zentrum für Erinnerungskultur in Regensburg über die Form der Aufarbeitung beraten zu lassen. Dieses verwies unseren Rechtsdirektor Ralf Rick, auf das Institut für Zeitgeschichte (IFZ) in München. Der Hinweis des IFZs führte uns zu einer Kooperation mit der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Stadträtin Nina Vogel, die an dieser Universität studiert und bereits Kontakt zu Lehrstühlen der Geschichte aufgenommen hatte, initiierte das direkte Gespräch.
Prof. Dr. Conze und Prof. Dr. Sabine Ullmann sagten nicht nur ihre Unterstützung bei der Aufarbeitung zu, sondern schlugen ein Kooperationsprojekt mit der Stadt Neuburg vor. Dieses Projekt zielt darauf ab, die Geschichte des Nationalsozialismus in Neuburg umfassend zu beleuchten und Paul Winter in diesen Kontext einzuordnen.
Die beiden Lehrstühle würden uns bei der Beschaffung finanzieller Mittel, der Entwicklung von Ideen zur Durchführung von Vorträgen, Veranstaltungen und Debatten zur Geschichte Neuburgs im Nationalsozialismus unterstützen.
Aus diesem Anlass stellte Nina Vogel heute im Stadtrat folgenden Antrag: „Die Verwaltung soll Kontakt zum Lehrstuhl für frühe Neuzeit und vergleichende Landesgeschichte sowie zum Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt aufnehmen. Es soll ein Angebot für ein kooperatives Projekt zur Geschichte Neuburgs im Nationalsozialismus inklusive der Einbettung der Person Paul Winters in den historischen Kontext erfragt werden. Möglichkeiten zur Co-Finanzierung sollen abgeklärt werden.“
Dieser Antrag wird in einer der nächsten Sitzungen diskutiert werden. Aus Sicht Frau Vogels ist das Angebot des Lehrstuhls „eine Chance, die wir als Stadt nicht verpassen sollten.“ Eine Umbenennung allein, die sie für notwendig hält, wäre unzureichend. Stattdessen sollten wir das Gespräch öffnen und mehr über die Geschichte des Nationalsozialismus vor Ort erfahren. Dies ist ein wesentlicher Beitrag zu einer nachhaltigen Aufarbeitung und gelebten Erinnerungskultur.